Computerspielsucht


"Ich lebte, um zu spielen"

Halle/Thomas Jürgens. Die Definition des Begriffes Sucht ist vielschichtig. Experten waren sich lange uneins darüber, ob man auch "computerspielsüchtig" sein kann. Vielmehr gab es auch keine Möglichkeiten der Therapierung. Dabei muss man Computersucht heutzutage mehr denn je als ernstzunehmende Krankheit einstufen.

In den Niederlanden gibt es seit Sommer 2006 eine Klinik, die in Europa ihres Gleichen sucht. Diejenigen, die nicht mehr weg von Monitor und Gamepad kommen, haben dort die Möglichkeit, sich einer vier-bis achtwöchigen Entzugstherapie zu unterziehen. Das Entzugsprogramm ist dabei vielschichtig gehalten und reicht von Therapiesitzungen und Workshops, z.b. zur gesunden Lebensführung, bis hin zu Touren durch die Wildnis.


Das "Feuerzeug" für die "Sucht"

Gruppentherapie und Einzelgespräche und Extremsituationen gehören dabei genauso zum Angebot. Im Fokus der Suchtbehandlung steht das Herausbringen der Gamer aus der Isolation und das gleichzeitige Hinführen zur lebenswichtigen Sozialkompetenz.

Die Forschung rund um Sucht und PC-Games befindet sich noch im Anfangsstadium. Umso schwieriger ist es, herauszukristallisieren, was Computerspielsucht ist, bzw. wann man ihr unterworfen ist. Alkohol-oder Nikotinsucht sind jedem ein Begriff und auch in Sachen Therapie relativ ausgereift. Computerspiele sehen oberflächlich harmlos aus, verzerren sie doch die Realität und lassen den Gamer eintauchen in die Sphären der Cyberwelt. Genau deshalb werden sie als weitestgehend ungefährlich kategorisiert. Doch da liegt die Crux. Immer mehr Jugendliche und Junggebliebene verbringen einen Großteil ihrer Freizeit am Rechner mit dem Volkssport "Zocken" bzw "Gamen". Die Eltern tolerieren das zumeist, wollen sie doch immer das beste für ihre Sprößlinge und was den Kindern gefällt kann ja nur gut sein.

Überall "on" sein ist ein Muss für die Sucht   Eines der "Sucht-Spiele" ... "Counter-Strike"

So oder so ähnlich ging es Jugendlichen, die WELT ONLINE im Amsterdam besuchte. Der 20 jährige Roderick fing auch harmlos im Alter von 14 Jahren an, mal ein-zwei Stunden am PC zu sitzen. Mit steigendem Alter wurde es jedoch länger und länger und er unterwarf sich "einem Zwang sich von Level zu Level ballern zu müssen". Der einstige Musterschüler entdeckte die virtuelle Welt für sich, um Problemen des wahren Lebens zu entfliehen. Mehr als fünfzehn Stunden ohne jegliche Unterbrechung verbrachte er mit zocken. Sein Leben war nur auf "Guild Wars" oder "Counterstrike" ausgerichtet, alles andere war pure Nebensache. "Ich lebte, um zu spielen, sonst nichts", sagt Roderick.

Das Beispiel dieses jungen Zeitgenossen macht deutlich, dass wir uns geradezu in ein Dilemma hineinzubegeben scheinen. Das Phänomen Computerspielsucht beschäftigt mittlerweile sogar die Berliner Charite', die interessante Fakten offenbart. Eine Forschungsstudie aus 2006 kommt zu dem Ergebnis, dass exzessive Computerspieler hirnphysiologisch vergleichbar intensiv auf Computerspielszenen reagieren, wie etwa Alkoholabhängige auf Bilder von Alkoholika. Desweiteren bestätigt jene Studie, eine schon unlängst sich um Umlauf befindliche These: PC-Gamer vernachlässigen Schule und Beruf und riskieren Job und Partnerschaft. Der Trend rund um "Second Life" ist also weit mehr, als nur eine willkommenen Nebenbeschäftigung, da sie einigenen sogar ihr soziales Bewusstsein raubt und Betroffene die virtuelle Welt über die Realität setzen. "Computerspieljunkies" tauschen via Mausklick ihr eigenes Leben, gegen das ihres dreidimensionalen Pendants. Man sollte jedoch nicht dem Trugschluss unterliegen, anzunehmen, Spielen sei das Problem, sondern der Umgang damit. Und genau da liegt der Ansatz, die aufkommende Problematik erfolgreich zu bekämpfen, indem man den Drang zu zocken, als Sucht ansieht und die Jugendlichen von ihrer Abhängigkeit löst.

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